2016



Themen 2016: Signaturen ausgewählter Kräuter, Sträucher und Bäume

ST3 Signaturen Kranich Keidel-Joura

Wesen und Signatur der Pflanzen – M.Kranich/ Keidel-Joura

Bei der Erfassung des Wesens, des Charakters, einer Pflanze, der sich durch seine Signatur äussert, schaut man von aussen auf das hin, was aus den Lebensprozessen in bestimmte Formen „geronnen“ ist.

Dazu muss man die oberflächliche Betrachtungsweise etwas erweitern, in dem Sinne Goethes, der von einem „lebendigen Anschauen“ gesprochen hat, oder im Sinne Paracelsus’ der fest davon überzeugt war „dass es ist möglich ist.... gleich von Stund an dem äusserlichen Ansehn nach, eines jeden Krautes und Wurzeln Eigenschaft und Tugend zu erkennen, an seinen Signatis, seiner Gestalt, Form und Farben -  und es bedarf sonst keiner Probierung oder langer Erfahrenheit. Denn Gott hat am Anfang alle Dinge fleissig unterschieden, und keinem wie dem andern eine Gestalt und Form gegeben, sondern einem jeden ein Schellen angehängt, wie man sagt, man erkennet den Narren an der Schellen.“ Welches sind also die Schellen und Zeichen, an denen man die Kräuter und Wurzeln erkennen kann.

Da sich der Charakter einer Pflanze erst im ausgewachsenen Stadium voll manifestiert, ist bei dieser Betrachtungsweise der allgemeine, unspezifische „Bildungsprozess“ (R. Steiner), also das Ausbilden von Wurzel, Stängel, Blättern, Blüten und Früchte = „Urpflanze“ (Goethe), auszuschliessen, und zu verfolgen, wie sich das allgemeine Pflanzenwesen zu der betreffenden Pflanze ausgestaltet.



Beispiel Doldengewächse

Es geht um ein Aufgehen des Blühens in der Hingabe an den Umkreis.  Internodien werden unterdrückt, die einzelne Blüten treten zurück zu Gunsten eines grösseren Ganzen. Deshalb dringt die Pflanze als Ganzes auch viel höher hinauf. Dieses Streben nach aussen, das Hinausstrahlen in den Umkreis zeigen auch die meist mehrfach gefiederten Blätter, die hohlen dicken Stängel, oft sogar die Wurzeln. Die Wärmeprozesse, die dieses „Ganz Blüte sein“, dieses „Streben nach aussen“ begleiten,  durchdringen die ganze Pflanze als Tendenz zur Bildung ätherischer Öle.
Die Urpflanze wird durch Steigerung der in der Blütenkrone wirkenden Bildekräfte zu den Doldengewächsen

  

Beispiel Lippenblütler
  
Lippenblütler sind von Kräften durchwirkt, die die Pflanzenbildung in der Entfaltung hemmen, von der Umgebung absondern und nach innen zentrieren.
Die zusammenziehenden Kräfte, die vor allem zur Samenbildung dienen, kommen besonders machtvoll zur Geltung, wenn die Pflanze zum Blühen übergeht. Sie lassen aus der Blütenkrone ein Gebilde entstehen, das stark auf sich konzentriert ist und jedes Samenkorn bekommt eine zusätzliche spezielle Fruchthülle.
Die Zentrierung auf sich selbst ist auch in den Blättern erkennbar: einfache, ungeteilte Formen. Häufig sind in Lippenblütlern konsequenterweise Gerbstoffe mit zusammenziehender Wirkung zu finden. Verholzung ist möglich.
Die Urpflanze wird durch Steigerung des konzentrierenden Samenbildungsprozesses zu Lippenblütlern.



Beispiel Korbblütler

Das Blütenkörbchen umschliesst wie in einem Krug viele Blüten. Die Blüten sind eng und klein. Die Blütenblätter sie die Staubbeutel schliessen sich zu einer Röhre zusammen, samenartig. Der Blütenstand, der sich normalerweise zum Umkreis entfaltet, wird durch den Krug konzentriert. Jene Prozesse, die sonst im Entstehen des Fruchtknotens und im Reifen der Frucht tätig sind dringen tief in die Pflanzenbildung ein und ergreifen die spriessende Pflanze. Es kommt zu einem Sich- Durchdringen von Blühen, Frucht- und Samenbildung. Sollte der Impuls des Blühens stärker werden, wird sich der enge Krug etwas öffnen und einige Blüten werden als Zungenblüten ausstrahlen.
Die Urpflanze wird durch Steigerung der Fruchtknoten- und Fruchtbildung zu den Korbblütlern.


Beispiel Liliengewächse

Die Pflanze wird in die Erde hineingefesselt, vielfach mit langem Rhizom (Maiglöckchen). Häufig ist auch eine gesteigerte Knospenbildung (Zwiebel) zu finden, die die Pflanze gegenüber der Umgebung absondert und konzentriert. Die Blätter bleiben mit ihrer Spreite an den Stängel gebunden. Durch die gedämpfte Entfaltung bleiben auch die Blüten eng am Stängel und sind „knapp“ entwickelt (oft grün, schmal, fleischig, wenig verfeinert).
Die Urpflanze wird durch Steigerung der Knospenbildung (Rhizom, Zwiebel) zu den Liliengewächsen.

Man könnte zum einen nun auch andere Pflanzenfamilien mit dieser Betrachtungsweise konfrontieren, um zu erkennen, dass z.B. aus einem Ackersenf eben ein Ackersenf werden muss.
Zum andern spürt man auch deutlich, dass jede Pflanze ein Individuum ist, und schon eine Art innerhalb einer Gattung differenziert und gesondert betrachtet werden müsste...

In jedem Fall geht es nebst einer guten Pflanzenbeobachtung  (auch nach Dr. Roger Kalbermatten[1]) ganz fest um die Intuition - das „Bauchgefühl“ - eine gewisse „Unschärfe im Blick“, um die Pflanze als Ganzes zu erfassen.
Zitat: „...man muss sich darin üben, in eine Pflanze hineinzusehen, das Wirken ihrer Kräfte zu fühlen,...“.

Christine Keidel- Joura (Astrologin, München[2]) hat eine Signaturenlehre entwickelt, die von universellen Prinzipien in der Natur ausgeht und die traditionelle Lehre ergänzt. Das Leben ist Eins, ob Pflanze, Tier oder Mensch.
Nach dieser Theorie spielt bei Beurteilung des Pflanzencharakters die Farbe der Blüte eine wichtige Rolle.
Weiss ist bei ihr Liebe zur Weisheit und Objektivität, Gelb Gefühl und Subjektivität. Eine rote Blüte weist auf einen impulsiven, herausfordernden, hitzigen Charakter hin, während Rosa den sicheren, schönen, bequemen Weg gehen will. Die Farbe Blau steht für Ruhe, Kühle und Konzentrationsvermögen. Lila Blüten vereinen die Gegensätze Rot und Blau, in harmonischer Art und Weise, während grüne, eher unscheinbare Blüten eine gewisse Schüchternheit und Sachlichkeit manifestieren.
Das Blatt steht dafür, wie sich die Pflanze entfaltet, funktioniert, wie sie spricht und atmet.
Gefiederte Blätter zeigen fahrige Eigenschaften, runde Blätter die Fähigkeit sich abgerundet zu präsentieren, gestielte Blätter zeigen sich mit Stil; spitze, brennende Blätter zeigen eine aggressive Haltung, enge, kleine, feste Blätter zeigen einen engen Charakter. Auch Inhaltsstoffe der Pflanze spielen Charakterrollen.
Mit diesen Vorgaben könnte das Wesen eine Pflanze z.B. so erfasst werden[3]:

Nach all diesen Überlegungen (ST1, ST2, ST3, ST6) betrachten wir einen

Rosmarin

Wenn man den Rosmarin betrachtet, so meint man, man habe es mit einem grün – brennenden Feuer zu tun. Die Feuerzungen, die unzähligen, schiessen nur so auf, sie strahlen Licht aus und das Flammenspiel ist sehr beweglich. 
Das von der Sonne gespeicherte und konservierte Feuer nährt mit seiner Hitze Herz und Blutkreislauf, mit seinem Licht und seiner Bewegungskraft den Kopf und die Gedanken und mit seiner ätherischen Energie das Sonnengeflecht und die Lebensprozesse.
Die Intuition vermittelt ein Bild für die enorme Beweglichkeit und Leichtigkeit des Feuers und damit die Analogie: Das Wesen des Rosmarins entzündet den Geist, es begeistert.
Allopathisch wird Rosmarinöl anregend auf Herz und Kreislauf sein und belebend für Menschen, die körperlich, geistig und seelisch müde, blass und erschöpft sind.

Der Rosmarin ist tatsächlich  geistreich: so hat er sich einiges einfallen lassen um sich vor Feuchtigkeitsverlust durch Sonnenhitze zu schützen (Blätter schmal, am Rand eingerollt und aufrecht).
Ausserdem bildet er neben vielen Blättern eine Menge gut ausgebildete, auf Bienen spezialisierte, duftende, violettfarbene Blüten und viel ätherisches Öl, das belebende und anregende Eigenschaften hat. Er ist charakterstärker als der weiche Lavendel, auch nicht gar so harmonisch und parfümiert wie dieser, aber empfindlicher. Er liebt keine Konflikte.

Rosmarinöl wirkt bei seelischen Konflikten (Liebeskummer,...)

Nach dem Prinzip der Natur wonach von jeder Wahrheit auch das Gegenteil wahr ist sind Hitze und Kälte bei ihm sehr nahe und viele Leute empfinden den Rosmarin deshalb auch als spröde und kühl. Seine Blätter (die im übertragenen Sinn die kommunikativen Fähigkeiten symbolisieren) sind „knapp gehalten“, präzise, geradlinig und deuten auf einen konzentrierten, überlegten Auftritt.

Er wächst am besten in den etwas kühleren und feuchteren Bergregionen des Mittelmeergebiets und zwar besonders gut auf kalkhaltigem Boden, die ihm Stoffe liefern, welche quasi sein „Knochengerüst“ bilden. Er ist ein guter Wirtschafter, zäh, beständig und über das ganze Jahr fleissig.

Die Blüten sind blassblau bis hellviolett, was auf milde, kühle und ausgleichende Eigenschaften hinweist.
So gesehen ist er ein Schlichter, der davor zurückscheut, spontane Gefühle zu zeigen, weswegen er lieber überlegend und ausgleichend handelt. Obwohl er sehr früh blüht kann er sich nicht besonders gut durchsetzen. Weil er Probleme „lieber mit dem Kopf“ löst, wirkt er oft unlebendig, starr und spröde. Wie seine Haut  oder sein erstarrtes grünes Feuer.

Als homöopathisches Mittel wird Rosmarin also etwas sein für spröde, schlecht durchblutete Typen, die überwiegend geistig arbeiten.





[1] Roger Kalbermatten, „Wesen und Signatur der Heilpflanzen“, AT Verlag Aarau 2002
[2] Christine Keidel – Joura, „Vom Charakter der Heilpflanzen“ Droemer, München 1997
[3] Paracelsus, Kalbermatten, Keidel- Joura, Zingg